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Viadukt bleibt (bei den SBB). Er wird saniert und verbreitert

In den Verhandlungen zur Erneuerung der Etzelwerk-Konzession ist eine Einigung erzielt worden. Regionalpolitisch von hoher Bedeutung ist dabei die geklärte Zukunft des Willerzeller Viaduktes.

VICTOR KÄLIN

Von einem «wichtigen Meilenstein» war gestern Donnerstag im Einsiedler Gemeindesaal häufig die Rede. Fürwahr ist die Erneuerung der Etzelwerk-Konzession kein Routinegeschäft. Im Gegenteil: Das Ergebnis der mehr als sechs Jahre andauernden Verhandlungen ist von nationaler Bedeutung. Umso höher ist zu gewichten, dass sich die Konzessionsgeber (Kantone Schwyz, Zürich, Zug und die Bezirke Einsiedeln und Höfe) sowie die SBB als Konzessionsnehmerin in den wesentlichen Punkten einigen konnten. Als Verhandlungsführer der Konzessionäre sprach der Schwyzer Regierungsrat René Bünter von einem «Gesamtpaket von Nutzungsrechten und Gegenleistungen ». Darin würden die öffentlichen Interessen berücksichtigt, aber ebenso die finanziellen Erwartungen: Die Konzessionsgeber erhalten über die nächsten Jahrzehnte zuverlässig Einnahmen, den SBB wiederum wird trotzdem eine wirtschaftliche Produktion von Bahnstrom ermöglicht. «Vom Sihlsee», fasste Bünter zusammen, «können alle Seiten profitieren.» Zufriedenheit auch in Einsiedeln Zufrieden äusserte sich auch der Einsiedler Bezirksammann Franz Pirker: «Das ist eine gute Sache.» Für den Bezirk Einsiedeln sei man «sehr nahe ans Optimum gekommen» –- auf einer Skala von 1 bis 10 wähnt sich Pirker bei 8,5 Punkten. Dass es zu keiner blanken 10 reichte, überraschte ihn letztlich nicht: «Es war uns bewusst, dass auch wir uns bewegen müssen.» Er ist zuversichtlich, dass die Einsiedler Stimmbürger der für Ende 2021 erwarteten Etzelwerk-Vorlage zustimmen werden: «Letztlich wird auch die Bevölkerung vom neuen Vertrag profitieren.» Sichtlich froh ist man in Einsiedeln insbesondere über die Lösung für den Willerzeller Viadukt. Entgegen den bisherigen Verlautbarungen bleibt die Strassenverbindung nun doch weiterhin im Besitz der SBB. Sie verpflichtet sich darüber hinaus, das Bauwerk zu unterhalten, für rund 22 Millionen Franken zu sanieren und in einem weiteren Schritt um 90 Zentimeter auf 5,4 Meter zu verbreitern. Im Gegenzug können die SBB ihre Infrastruktur dennoch verschlanken: Sechs Brücken gehen unentgeltlich ins Eigentum des Kantons Schwyz und fünf Bachgrundstücke im Einlaufbereich des Sees werden Eigentum des Bezirks Einsiedeln.

Als Gesamtprojektleiter SBB ist Simon Ryser «sehr froh über die austarierte Lösung», selbst wenn die Übernahme des Viadukts «für uns nicht zwingend gewesen» wäre. Im Sinne der angestrebten Gesamtlösung «sind wir aber bereit gewesen, darauf einzugehen». Seite 9

«Der Willerzeller Viadukt war das emotionalste Element. Wir haben aber eine gute Lösung ausgehandelt.»

Franz Pirker, Bezirksammann

Foto: Archiv EA / Lukas Schumacher

Die Vertragspartner sind sich einig über die Eckpunkte der neuen Etzelwerk- Konzession. Der Bezirksrat Einsiedeln zieht ein positives Fazit.

VICTOR KÄLIN

Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur neuen Etzelwerk- Konzession ist erreicht: Die Konzessionsgeber und die SBB haben sich auf ein Gesamtpaket an Nutzungsrechten und Gegenleistungen geeinigt, das ins offizielle Konzessionsgesuch der SBB einfliessen wird. Wichtige Punkte darin sind der Erhalt des Willerzeller Viadukts und die Erhöhung der Vorzugsenergie für die Kantone und Bezirke.

Abstimmung Ende 2021

Als nächster Schritt müssen die erforderlichen Umweltmassnahmen definitiv geklärt werden. Gemäss heutiger Planung dürfte die SBB ihr Gesuch im kommenden Sommer einreichen und die öffentliche Auflage spätestens im Frühling 2021 stattfinden. Anschliessend werden die fünf Konzessionsgeber über die Konzessionserteilung entscheiden – unter anderem mit Volksabstimmungen in den Bezirken Einsiedeln und Höfe, welche Ende 2021 erwartet werden.

Anlässlich der gestrigen Medienorientierung rief Regierungsrat René Bünter die Komplexität der Verhandlungsmaterie nochmals in Erinnerung. Angesichts der vielen Beteiligten sprach er von einer einmaligen Konstellation in der Schweiz, die zur langen Verhandlungsdauer von gut sechs Jahren beigetragen habe.

Kampf um Energieabgabe Gemäss Bünter sei die Energie, welche die SBB künftig zu Vorzugskonditionen an die Konzessionsgeber abtreten muss, der «wichtigste Verhandlungspoker» gewesen. So erhalten die Konzessionäre (Kantone Zürich, Zug und Schwyz sowie die Bezirke Einsiedeln und Höfe) neu 1 Prozent Gratisenergie, was für 580 Haushalte pro Jahr reicht, statt wie bislang bloss 0,5 Prozent. 15 Prozent können der Kanton Schwyz und die Bezirke zudem zum Selbstkostenpreis erwerben, bisher waren es 10 Prozent gewesen. «Wir haben hier das Maximum herausgeholt», ist Bünter überzeugt.

Fällig werden weiter eine einmalige Konzessionsgrundgebühr von 8 Millionen Franken für Fliesswasser und eine von 500’000 Franken für Pumpwasser; letztere kommt vollumfänglich dem Kanton Schwyz zu.

Keine Veränderungen gibt es bei den Wasserzinsen von rund drei Millionen Franken jährlich, die sich allerdings die Konzessionsgeber gemäss Wasserrechtsgesetz neu aufteilen. So erhalten die Schwyzer Parteien künftig noch 37 Prozent, bislang waren es 47 Prozent gewesen. Der Löwenanteil geht mit neu 47 Prozent an den Kanton Zürich. Der im alten Vertrag noch verankerte «Nachteilsanteil» für den Kanton Schwyz fand im neuen Werk keine Aufnahme mehr. «Hier mussten wir nachgeben», räumte Bünter denn auch ein.

Eine grosse Überraschung

Die aus regionaler Sicht grösste Überraschung bildete gestern Donnerstag der Entscheid zum Willerzeller Viadukt. Entgegen allen bisherigen Verlautbarungen bleiben die SBB Besitzerin der 1110 Meter langen Strassenverbindung. «Wir konnten die SBB überzeugen, dass der Viadukt in ihrem Eigentum bleibt», sagte Bünter. Und nicht nur das: Die SBB sanieren den Viadukt für rund 22 Millionen Franken und kommen für die jährlichen Unterhaltskosten im Umfang von rund 200’000 Franken auf. Hochgerechnet auf 80 Jahre ergibt das doch eine stattliche Summe von 16 Millionen. Ab 2038 soll zudem die Fahrbahn auf 5,4 Meter verbreitert werden.

Trotzdem sprach Simon Ryser von den SBB von einer «soliden Lösung», die man erzielt habe. Das Werk, das zehn Prozent des Schweizer Bahnstroms liefert, sei mit seiner Lage im Grossraum Zürich von strategischer Bedeutung. Als Pumpspeicherkraftwerk könne man es bei schwankender Stromproduktion flexibel einsetzen.

Im Gegenzug gehen dafür sechs Brücken unentgeltlich ins Eigentum des Kantons Schwyz über, darunter der Steinbachviadukt als Hauptverkehrsverbindung über den Sihlsee. Fünf Bachgrundstücke werden Eigentum des Bezirks Einsiedeln. Den Seeanschluss für Euthal sichert die SBB durch zwei Zufahrtsrinnen. Der Bezirk Einsiedeln erhält ausserdem das Recht, bei Bedarf am Fusse der Staumauer ein Dotierwasserkraftwerk zu bauen und für die Stromproduktion zu nutzen. Ein Projekt existiert jedoch nicht.

Umweltmassnahmen noch in Bearbeitung Weitere zentrale Bestandteile des Konzessionsgesuchs, wie der Umweltbereich mit den Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen oder der Restwassermenge in der Sihl, sind noch in Bearbeitung. Die SBB wird sie in ihrem Umweltverträglichkeitsbericht festhalten. Erst wenn auch diese Komponenten fertiggestellt sind, kann die SBB ihr Gesuch einreichen. Anschliessend können die Konzessionsgeber das formelle Konzessionsverfahren starten.

Das Konzessionsverfahren umfasst unter anderem die öffentliche Auflage des Konzessionsgesuchs, mögliche Einspracheverfahren, Regierungsratsentscheide in den drei Kantonen sowie Bezirksratsentscheide in Einsiedeln und Höfe. Ziel ist, dass das Verfahren bis Ende 2022 abgeschlossen ist.

Sie orientierten gestern Donnerstag über die Beschlüsse (von links): Simon Ryser als Gesamtprojektleiter SBB, die beiden Bezirksammänner Meinrad Kälin (Höfe) und Franz Pirker (Einsiedeln), sowie vom Kanton Schwyz Christian Bommer und Regierungsrat René Bünter.

Foto: Victor Kälin

Der Willerzeller Viadukt bleibt im Besitz der SBB. Der Kanton übernimmt dafür die sechs gelb eingezeichneten Brücken, der Bezirk neu fünf Bachabschnitte.

Grafik: zvg

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